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psychodrama:spezielle_arrangements:zauberladen [2009/05/26 21:43]
ulf Beschreibung des Zauberladens
psychodrama:spezielle_arrangements:zauberladen [2013/06/28 16:16] (aktuell)
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-====== Der Zauberladen ======+====== Der Zauberladen ======
 Eines der ältesten und beliebtesten Gruppenspiele im Psychodrama. Wirkt recht einfach, wirkt aber sehr intensiv. Eines der ältesten und beliebtesten Gruppenspiele im Psychodrama. Wirkt recht einfach, wirkt aber sehr intensiv.
  
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 Zu Beginn stellt sich der Regisseur in der Rolle des »Ladenbesitzers« vor und spricht die Gruppenmitglieder als potentielle Kunden an: //Seien Sie gegrüßt, meine Damen und Herren, willkommen hier im Zauberladen! Hier können Sie erwerben, was Sie sonst nicht und nirgends kaufen können: Mut und Selbstbewußtsein,​ kühles Blut und Leidenschaft,​ Lebenslust und Leidensfähigkeit - schauen Sie sich um, denken Sie nach, was auch immer Sie suchen: sprechen Sie mich an!// Zu Beginn stellt sich der Regisseur in der Rolle des »Ladenbesitzers« vor und spricht die Gruppenmitglieder als potentielle Kunden an: //Seien Sie gegrüßt, meine Damen und Herren, willkommen hier im Zauberladen! Hier können Sie erwerben, was Sie sonst nicht und nirgends kaufen können: Mut und Selbstbewußtsein,​ kühles Blut und Leidenschaft,​ Lebenslust und Leidensfähigkeit - schauen Sie sich um, denken Sie nach, was auch immer Sie suchen: sprechen Sie mich an!//
  
-Wenn ein erstes Gruppenmitglied in den Laden kommt und einen Wunsch äußert, beginnt der »Verkäufer« ein Beratungsgespräch mit dem Kunden, um seinen konkreten Bedarf herauszufinden. Wozu braucht der »Kunde« z.B. „Mut”? Was genau verspricht er sich davon? Mit welchen Nebenwirkungen rechnet er? Im Rahmen dieses Gespräches ​+==== Bedarfsklärung ==== 
 +Wenn ein erstes Gruppenmitglied in den Laden kommt und einen Wunsch äußert, beginnt der »Verkäufer« ein Beratungsgespräch mit dem Kunden, um seinen konkreten Bedarf herauszufinden. Wozu braucht der »Kunde« z.B. „Mut”? Was genau verspricht er sich davon? Mit welchen Nebenwirkungen rechnet er? Im Rahmen dieses Gespräches ​kann sich der gewünschte »Artikel« durchaus verändern, so kann z.B. aus "​Mut"​ evtl. "​Selbstbewußtsein"​ oder auch "Stolz auf die eigene Leistung"​ werden. Wichtig ist, dass dieses Beratungsgespräch in aller Ernsthaftigkeit geführt wird und nicht etwa aus einer Grundhaltung heraus, den Wunsch des Protagonisten "aus Prinzip"​ in Frage zu stellen. 
 + 
 +==== Preisverhandlung ==== 
 +Ist die Frage des Bedarfs ("​Wozu?​) geklärt, so steht die Preisverhandlung an. Der »Verkäufer« erkundigt sich beim »Kunden«, welche Preisvorstellungen er hat, was er im Gegenzug bieten mag. (Denn Handel beruht auf Gegenseitigkeit!) Häufig bieten die »Kunden« erst mal die persönlichen Aspekte an, die sie auf diese Weise zu überwinden versuchen. Ein Kunde, der "​Mut"​ zu erstehen sucht, könnte z.B. seine "​Ängstlichkeit"​ oder "​Feigheit"​ anbieten. An dieser Stelle ist der »Verkäufer« gefordert, hart zu verhandeln und sich nicht mit diesen "​Defizit-Angeboten"​ zufrieden zu geben, sondern den Gewinn, der in diesen Angeboten liegt, einzufordern. 
 + So könnte er z.B. statt der "​Ängstlichkeit"​ die "​Ruhe",​ "​Duldsamkeit"​ oder die "​Konfliktfreiheit"​ 
 + ​einfordern und argumentativ untermauern. Es können auch Vorschläge für einen angemessenen Preis in der Gruppe eingeholt werden.  
 + 
 +Im Rahmen der Preisverhandlungen ist auch die Frage der »Menge« zu klären, bei der der »Verkäufer« zahllose Interventionsmöglichkeiten hat: Verkauft er Großpackungen oder kleine Gebinde, wird die Ware einzeln Verpackt als Stückgut oder in variablen Mengen (Pfund, Kilo, Liter etc.) abgegeben. Oder handelt es sich womöglich um lebende Ware? Z.B. ein kleines "​Ehrgeiz-Monster",​ dass der »Kunde« loswerden möchte? (Bleibt so ein Mönsterchen nach dem Handel überhaupt beim »Verkäufer« oder reißt es sich womöglich alsbald los und kehrt zum »Kunden« wieder zurück?  
 + 
 +Auch Warenproben sind möglich, oder ein »starter-Kit« für Anfänger. Über Leihverträge (Leasing: Welche Basiszahlung,​ welche Raten, welche Laufzeit, und was geschieht am Ende der Laufzeit ?), Ratenzahlungen und Rückgaberechte kann verhandelt werden ... Und es bleibt dem »Verkäufer« natürlich unbenommen, auch mal ein "​Werbegeschenk"​ zu machen. 
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 +Am häufigsten enden die Verhandlungen mit Prozent- bzw. Anteils-Regelungen 
 + ​("​Sie geben 40% Ihrer "​Duldsamkeit"​ auf und erhalten dafür 
 + 80% "​Mut"";​ "Für die Hälfte Ihrer "​Inneren Ruhe" bekommen Sie ein Fünftel "​Leidenschaft""​). 
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 + 
 +==== Geschäftsabschluß ==== 
 +Sind sich die »Geschäftspartner« handelseinig geworden, so notiert der »Verkäufer« die »Waren« auf zwei Moderationskarten (mit Mengenangaben) und übergibt dem »Kunden« auf diese Weise seinen Kauf (mit Handschlag etc.) und nimmt die erhaltene »Zahlung« in seinen »Warenbestand« auf. Evtl ist ja einer der nächsten Kunden genau daran interessiert. 
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 +Auch hier gibt es zahlreiche Gelegenheit zu kreativen Symbolhandlungen. Erwirbt der »Kunde« z.B. 50% "​Geduld",​ so kann der »Verkäufer« die Moderationskarte in der Mitte zerreissen und nur die Hälfte übergeben. Wurde ein Leihvertrag oder Ratenzahlung vereinbart, so kann auf die Rückseite der Karte ein entsprechender Passus vermerkt werden ("​Bleibt Eigentum ... bis zur vollständigen Zahlung."​). Oder Ein Verfallsdatum wird vermerkt ... 
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 +Nach Abschluß des Handels verläßt der »Kunde« den »Laden« und begibt sich wieder an seinen Platz in der Gruppe. Der »Verkäufer« steht bereit für den nächsten Kunden. 
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 +==== Anmerkungen zum Vorgehen ==== 
 +Nicht jeder Kunde verläßt den Zauberladen mit einem "​Kauf"​. Manchen ist der "​Preis"​ für ihren Wunsch zu hoch (in der Regel eine wichtige persönliche Erkenntnis),​ manche fühlen sich dem Handel noch nicht gewachsen (Anlaß zu weiterer psychodramatischer Exploration),​ gelegentlich sollte der »Verkäufer« auch einen Handel verweigern, z.B. wenn ihm auf diese Weise die Verantwortung für eine Lebens-Entscheidung (Eingehen oder Beenden einer Partnerschaft,​ Stellenwechsel,​ Schwangerschaft,​ etc.) übertragen werden soll. 
 + 
 +Da der »Zauberladen« ein sehr intensiver Prozeß ist, der sowohl die Gruppe wie den Leiter stark fordert, sollte der laden nur eine begrenzte Zeit "​geöffnet"​ sein. Mehr als vier oder fünf »Verkaufsverhandlungen« sollten nicht auf einmal durchgeführt werden. Andererseits kann der Laden ja immer wieder mal geöffnet werden.  
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 +===== Einsatz ===== 
 +Der Zauberladen läßt sich universell einsetzen. Er kann sowohl zu Beginn (als "​Erwärmung"​ wie beim Abschluss einer Seminar-Veranstaltung verwendet werden. Da auch kurze "​Öffnungszeiten"​ möglich sind, läßt er sich auch zum Abschluß einer Protagonisten-Arbeit (auch in der Einzel-Beratung) oder einer Gruppensitzung verwenden. Er ist geeignet im Rahmen von Coaching oder Organisationsentwicklungsprozessen ("​Welchen Preis fordert der Change?"​),​ in der Supervision und natürlich auch in der Psychotherapie. Wobei immer zu beachten ist, dass es sich um eine deutlich konfrontierende Technik handelt.
  
 ===== Literatur zum Zauberladen ===== ===== Literatur zum Zauberladen =====
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 ===== Varianten ===== ===== Varianten =====
 +==== Gruppenspiel ====
 +Der Zauberladen kann auch als "​Zauber-Markt"​ durchgeführt werden, auf dem die Teilnehmer untereinander selbst verhandeln. Gerade in etwas erfahreneren Gruppen ein meist sehr lustvolles, aber auch stark konfrontierendes Spiel.
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 ==== »Der Sobriety-Shop« (Suchttherapie) ==== ==== »Der Sobriety-Shop« (Suchttherapie) ====
 ==== Literatur zum »Sobriety-Shop« ==== ==== Literatur zum »Sobriety-Shop« ====
psychodrama/spezielle_arrangements/zauberladen.1243367014.txt.gz · Zuletzt geändert: 2013/06/28 16:13 (Externe Bearbeitung)
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