Regieführung im Psychodrama

Szenenauswahl

Zur Szenenauswahl im Rahmen eines Protagonistenspiels gibt es zahlreichen Möglichkeiten. Im Kern geht es dabei darum, aus dem Anliegen bzw. der Problemschilderung der Protagonisten emotional bedeutsame Metaphern zu fokussieren und als Ausgangspunkt zu einer Inszenierung zu nutzen.

Einen Anfangssatz nutzen

Klassisch ist die Erkenntnis, das meist bereits in der ersten Äußerung eines Protagonisten die bedeutsamen Interaktionsmuster enthalten sind. Daher lassen sich die ersten, häufig metaphorischen Äußerungen auch gut zur Inszenierung nutzen.

Z.B. erklärt ein Klient: „Mich drückt die Verantwortung, die ich im Büro zu tragen habe.” Daraufhin bittet ihn die Regisseurin, dies Sprachbild in eine Skultur zu verwandeln. Der Protagonist wählt daraufhin ein größeres Gruppenmitglied in die Rolle der »Verantwortung«, die er ihn auf den Schultern und dem Rücken kräftig drückt. Im Rollentausch wird nun zunächst die »Verantwortung« exploriert, dann die Interaktion zwischen den beiden Rollen »Protagonist im Büro« und »Verantwortung«. Daraus entsteht dann zweite Szene, in der es um die Interaktion zwischen dem Klienten und den Mitgliedern seines Teams geht.

Intervenieren im Szenenablauf

Als Faustregel für die Regieführung im Laufe einer Szene gilt: den Kontext variieren, so daß der Protagonist darauf reagieren muss (bzw. in psychodramatischer Terminologie: so dass er Spontaneität entfalten muss). Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten:

Intervenieren über den Kontext

allgemeine Regieanweisungen

Die Gruppe spielt ein typisches Gruppenspiel, z.B. »Tiere in der Steppe« oder »Schiffbruch auf einer einsamen Insel«. Der Leiter gibt während des Spiels die Regieanweisung: „Ein Unwetter zieht auf, es beginnt zu regnen“ oder „Die Sonne geht unter, es wird Nacht.“

Anweisungen an die antagonistischen Mitspieler (Hilfs-Ich)

Eine Protagonistin präsentiert eine Szene, in der sie in der Rolle einer »Passantin« durch die Fußgängerzone geht und von einer Gruppe Jugendlicher belästigt wird. Sie versucht die Situation durch freundliches Abgrenzen und zurückweisen zu bewältigen, was aber nicht recht gelingt. Die Leiterin weist die drei Mitspieler in der Rolle von »Jugendlichen« an: „Werdet lauter und sogar ein bißchen handgreiflich!“
Daraufhin wird die »Passantin« sehr unfreundlich und aggressiv in ihrer Abgrenzung - was zum Ausgangspunkt zur Erarbeitung für ein klareres Verhalten wird.

Einführen neuer Rollen

Diese Technik sollte zurückhaltend verwendet werden, da bei ihr immer die Gefahr besteht, das das Spiel vom Leiter übernommen wird, d.h. nicht mehr vom Protagonisten und seinen Handlungsimpulsen gestaltet wird.
Ein Klient inszeniert eine Szene, in der er schwer depressiv über Stunden allein auf einem Stuhl sitzt, ohne etwas zu tun. Die Aufforderung der Leiterin zum Monolog führt nur zum äußern deprssiver Zirkelgedanken „Es ist alles so sinnlos für mich.“ Daraufhin geht die Leiterin in die Rolle einer »Katze«, die in das Zimmer eindringt und ihren Rücken am Stuhl des Protagonisten reibt. Der »schwer Depressive« beginnt die »Katze« vorsichtig zu streicheln und spricht - auf Aufforderung - zu ihr.

Direkte Interventionen

Interaktionsinterview

Beim Interaktionsinterview fordert der Leiter den Protagonisten zu einer Interaktion mit einer anderen Rolle auf, in Form einer Geste oder einer Aussage. Erscheint diese Interaktion dem Protagonisten und/oder dem Leiter bedeutsam, so wird sie weiter exploriert.
z.B. richtet der Protagonist im Rahmen eines Protagonistenspiels sein »Arbeitszimmer« ein. Der Leiter fordert ihn auf: „Sprechen Sie doch mal zu Ihrem Computer, sagen Sie ihm, was sie von ihm halten, welche Empfindungen er bei Ihnen auslöst.“

Maximieren

Die Leiterin fordert die Protagonistin auf, eine bestimmte Interaktion heftiger durchzuführen, mit mehr Intensität, größerer Kraft oder verstärkter Energie. Eine Maximierung hat aber ihre Grenzen in den Grenzen der Persönlichkeit des Klienten, der Leiter hat also verstärkt darauf zu achten, ob die größere Intensität tatsächlich von der Protagonistin aktiviert werden kann oder ob sie sich von der Leitung über die eigenen Grenzen „pushen“ läßt. In diesem Fall wäre das Spiel nicht mehr von der Klientin ausgestaltet, sondern wäre von den Erwartungen des Leiters geprägt.

Doppeln

Die Einführung eines »Doppels« bzw. das Doppel durch die Leitung gehört zu den klassischen direkten Interventionsformen im Psychodrama

psychodrama/technik/regie.txt · Zuletzt geändert: 2013/06/28 16:16 (Externe Bearbeitung)
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