Rollentausch

Der Rollentausch ist die zentrale Technik, durch die sich der psychodramatische Ansatz von anderen Ansätzen abgrenzen läßt. Der Rollentausch ist zudem die Grundlage für das psychodramatische Konzept der Begegnung.

Technik

Technisch besteht der Rollentausch darin, dass die Rollenspieler bzw. Rollenträger A und B ihre Rollen austauschen: Im Rahmen eines Trainings spielt A z.B. die Rolle »Kunde«, während B die Rolle »Verkäufer« spielt. Nachdem sie ihre Handlungsepisode durchgespielt haben, tauschen sie ihre Rollen, so daß nun A die Rolle »Verkäufer« übernimmt und B die Rolle »Kunde«. Auf diese Weise erleben beide Rollenspieler die Handlungsepisode aus beiden Perspektiven.

Abgrenzung zwischen Rollentausch und Rollenwechsel

Wesentlich ist, dass die Rollen wechselseitig zwischen zwei Rollenträgern getauscht werden, innerhalb des jeweils geltenden Kontextes - in unserem Beispiel also im rahmen einer Trainings-Szene. Wechselt ein Rollenträger/-spieler nur in eine andere Rolle, so kann nicht von einem Rollentausch gesprochen werden, es handelt sich dann um einen Rollenwechsel. In unserem Beispiel wäre dies der Fall, wenn A den »Kunden« spielt und B den »Verkäufer«. Da der »Verkäufer« den Kunden etwa bei einer Beschwerde nicht zufriedenstellen kann, wird im Rahmen der Szene eine »Abteilungsleiterin« herbeigerufen, deren Rolle ebenfalls von B übernommen wird. Dazu muß B nun die Rolle »Verkäufer« ablegen und die Rolle »Abteilungsleiterin« übernehmen.

Funktion

In der psychodramatischen Beratungspraxis ist der Rollentausch zunächst ein wesentliches Werkzeug zur Ausarbeitung der Handlungsepisode, die einer Szene zugrundeliegt. Immer dann, wenn die Handlung stockt, weil Mitspieler sich über ihren weiteren Verlauf im Unklaren sind oder ihre Improvisation nicht mehr mit den Vorstellungen der Protagonistin übereinstimmt, kann die Regisseurin zu einem Rollentausch auffordern, so daß die Protagonistin ihren Mitspielern vorspielt, wie es weitergehen soll. Allerdings wird der Spielfluß hierbei recht häufig unterbrochen, und die für die Identifikation mit der Rolle notwendige Trance der Spieler kann sich nur begrenzt entwickeln. Es ist daher meist notwendig, die Episode dann, wenn die Mitspieler ausreichend klare Rollenvorgaben haben, um „passend” (für die Protagonistin) improvisieren zu können, am Stück durchzuspielen.

Die Funktion des Rollentausches liegt aber vor allem darin, dass die Protagonistin auf diese Weise eine Vorstellung gewinnt, wie die jeweilige Handlungsepisode aus den Augen der anderen beteiligten Personen wahrgenommen und beurteilt wird. Auf diese Weise erfolgt ein psychodramatisches Durcharbeiten einer Szene, und trotz der hohen Subjektivität bei den einzelnen Durchgängen wird eine Allparteilichkeit in der Auseinandersetzung mit der Szene hergestellt. Die Systemische Therapie hat mit dem Zirkulären Fragen eine rein sprachliche Form des Rollentauschs (kalter Rollentausch) entwickelt.

psychodrama/technik/rollentausch.txt · Zuletzt geändert: 2010/05/16 15:40 von ulf
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